15 Juni 2019

Autor

rainer

Rainer Sonnberg wurde 1959 in Wittenberge geboren, schloss dort seine Lehrausbildung als Elektromonteur ab und studierte danach Ökonomie und Ingenieurswissenschaften. Bis 1990 diente er in der NVA als Offizier und Waffenausbilder, bevor er sich auf die Informatik warf und als Dozent, Consultant und Problemlöser rund um den Globus jettete. Die Welt wollte jedoch nicht von ihm gerettet werden und so kehrte er 2005 nach Schwerin, für ihn die schönste Stadt der Welt, zurück.

Seinen ersten Text veröffentlichte er 2010 im Internet und die Reaktion darauf holte den ehemaligen Weltverbesserer wieder auf den Boden zurück. Jemand empfahl ihm damals, sein Ego auf Urlaub zu schicken, wenn er erfolgreich schreiben wolle.

Heute lebt er in einer Plattenbauwohnung auf dem Schweriner Dreesch mit seiner Frau Lena und seinem Schäferhund-Mix „Jack“ und alle drei sind wunschlos glücklich miteinander. Das Schreiben ist zu einer Sucht für ihn geworden, er hat den Rat des unbekannten Freundes beherzigt und in den letzten Jahren das Handwerk von der Pike auf gelernt.

Rainer ist bodenständig und zurückhaltend geworden und das schlägt sich auch in seinen Erzählungen nieder. Zwar mangelt es ihnen weder an Action noch an Spannung, doch in ihrem Zentrum stehen immer die Menschen und ihre Konflikte, ihr Weinen, ihr Lachen und ihre Lebensfreude.

 


 

 

Das war der trockene Teil. Ab hier wird es persönlich.

Mein erstes und einziges Gedicht, es hieß „Das Ahornblatt“ schrieb ich im Alter von sechs Jahren und noch heute sehe ich in meiner Erinnerung, wie sich meine Familie vor Lachen bog, als ich es auf einem Stuhl stehend und stolz wie ein Pfau, vortrug. Danach war für fast vierzig Jahre Schluss mit Schreiben, wenn man einmal von Ausbildungsunterlagen erst für Soldaten, danach für Studenten, von IT-Konzepten und Systemdokumentationen absieht.

Ich bin ein Fan von guter Fantasy und Thrillern, von Hohlbein, Lustbader, Chandler und so um 2008 stand ich in einer Buchhandlung und ärgerte mich darüber, dass ich nur noch die 999. Kopie von irgendwelchen Elfen, Orks und Vampiren fand. Da kam mir zum ersten Mal die Idee, selbst zu schreiben. Mein Ego fand, dass es an der Zeit sei für ein wirklich gutes Buch. Natürlich von mir geschrieben.

Gesagt getan, die Story hatte ich im Kopf und die ersten achtzig Seiten flutschten nur so aus mir heraus. Ich zeigte sie meinen Freunden und sie meinten: „Toll, du schreibst.“ Nach ein paar Monaten – mit meinem Roman kam ich nicht weiter – wunderte ich mich, dass sie nicht nachfragten, wie ich vorankam und merkte, dass es sie nicht die Bohne interessierte. Das kränkte mich, ich fragte sie und sie meinten: „Hm, naja, und vielleicht solltest du …“ – und so weiter. Ein kleines Wörtchen machte den Unterschied, sie hatten nicht gesagt: „Toll, WIE du schreibst.“

Zum Glück begriff ich das damals, also war das Lesen von Schreibratgebern angesagt für mich und ehrlich gesagt, ich schaute da hinein wie ein Schwein ins Uhrwerk. Was, zum Teufel, sind starke und schwache Verben? Adjektive soll ich erschlagen, wenn ich sie treffe? Was ist denn ein Spannungsbogen, ein Oxymoron, ein Pleonasmus? Dann stolperte ich auch noch im Internet über die Seiten von Andreas Eschbach und da begriff ich zum ersten Mal, was GUT Schreiben wirklich ist – verdammt harte Arbeit!

Wollte ich mir das tatsächlich geben? Eigentlich nicht, aber ich hasse es, zu kapitulieren und außerdem machte es auch einen Höllenspaß, meine Phantasien Gestalt annehmen zu lassen. Nun ja, und das wurde der Ausweg für mich – die Phantasie.

Zu jener Zeit, so um 2011, 2012, war ich als Consultant sehr viel unterwegs in der Welt und Hotelnächte in fremden Städten können schmerzhaft einsam sein. Ich schrieb also erotische Kurzgeschichten, das dauerte nicht so lange und war – vorsichtig formuliert – anregend. Heute weiß ich, dass es übelste Pornographie war, aber es hat Spaß gemacht. Im Übrigen – was ist an Pornographie übel?

Mehr und mehr wendete ich mich ernsteren Themen zu, stellte einige Erzählungen ins Internet und musste erleben, wie sie gnadenlos zerfetzt wurden. Da war ich jedoch zu meinem Glück bereits so vom Schreiben infiziert, dass ich diese Kritik als das nahm, was sie war – Hilfe. Sie motivierte mich nur noch mehr, auch das letzte bisschen Freizeit zu opfern, um wirklich gut schreiben zu lernen.

Vor zwei Jahren schrieb ich in einem nächtlichen Flash eine Kurzgeschichte von über fünfzig Seiten und sie war wirklich gut. Trotzdem ließ sie mich nicht in Ruhe, denn da steckte noch viel mehr drin. Dann las ich durch Zufall ein Zitat von Steven King, der gesagt hatte, dass jede Geschichte nur der Schutt über der eigentlichen Story wäre und wenn man den Mut hätte, ihn beiseite zu räumen, dann würde man auf eine Goldader stoßen. So ist „Das Perverdrin – Syndrom“ entstanden. Ich habe es nicht geschrieben, weil ich ein bekannter Autor werden wollte, sondern weil ich es schreiben musste. Nein, eigentlich hat es mich geschrieben.

Das war die Vergangenheit. In der Gegenwart bin ich dabei, zu lernen, wie ich meine eigenen Texte noch besser machen kann, sie deutlicher, klarer und strukturierter schreiben kann. Mittlerweile habe ich auch kein Problem mehr damit, jemandem zu sagen, dass ich schreibe. Ich sehe keinen Grund mehr, mich zu verstecken. Mein Ego habe ich erschlagen, es faselte ständig etwas von „Veröffentlichung“. Es wollte nicht begreifen, das jeder Idiot Buchstaben und Satzzeichen in ausreichender Anzahl aneinanderreihen und das Ergebnis „Buch“ nennen kann. Ich bin kein Idiot, ich bin ein hart arbeitender und lernender Schreibtischtäter und bevor ein Text nicht mindestens zweimal betagelesen und dreimal nach der „Eschbach-Methode“ überarbeitet wurde, lasse ich ihn nicht auf die Menschheit los. Zwar möchte ich tatsächlich ein gern gelesener Autor werden, aber noch viel lieber möchte ich gut schreiben, schreiben, schreiben …